Europäischer Wels: Verzehr Gefahr – Was Angler über PCB wissen müssen

Europäischer Wels: Verzehr Gefahr – Was Angler über PCB wissen müssen

Vitali Dalke

Einleitung

Der Europäische Wels (Silurus glanis) ist ein Gigant der europäischen Gewässer – verehrt von Anglern für seine Kraft, gefürchtet von Beutefischen wegen seiner Größe. Doch dieser ikonische Raubfisch trägt ein unsichtbares Erbe der Industriegeschichte in sich: polychlorierte Biphenyle (PCB). Diese langlebigen Schadstoffe, einst in Transformatoren und Farben eingesetzt, belasten noch heute Flüsse und Seen – und reichern sich besonders in großen Welsen an. Dieser Bericht klärt auf, warum Angler bei diesem Fisch vorsichtig sein sollten, welche Risiken PCB bergen und wie man verantwortungsvoll handelt.

PCB – Das toxische Erbe in unseren Gewässern

Was sind PCB?

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind synthetische Chlorverbindungen, die zwischen 1930 und 1980 weltweit in der Industrie genutzt wurden. Trotz des Verbots 2001 durch die Stockholmer Konvention sind sie noch immer in Sedimenten nachweisbar.

Warum sind PCB gefährlich?

  • Persistenz: PCB bauen sich kaum ab – in Sedimenten überdauern sie bis zu 100 Jahre (Umweltbundesamt, 2023).
    - Bioakkumulation: Die fettlöslichen Substanzen reichern sich im Fettgewebe von Organismen an.
    - Biomagnifikation: Je höher ein Tier in der Nahrungskette steht, desto stärker ist die PCB-Belastung.
PCB verseuchte Fische. Wels und die Nahrungskette

Gesundheitliche Folgen für Menschen:

- Krebsrisiko: PCB gelten als krebserregend (IARC, Gruppe 2A).
- Hormonstörungen: Sie wirken wie endokrine Disruptoren und können Schilddrüsenfunktionen beeinträchtigen.
- Entwicklungsstörungen: Bei Kindern stehen PCB im Verdacht, neurologische Schäden zu verursachen (WHO, 2022).

Der Wels – Ein Bioindikator für PCB

Warum der Wels besonders betroffen ist:

1. Langlebigkeit: Welse können über 80-90 Jahre alt werden – je älter, desto mehr Zeit zur PCB-Anreicherung.
2. Position in der Nahrungskette: Als Spitzenprädator frisst der Wels andere Fische, Krebse und Muscheln, die bereits PCB angereichert haben.
3. Benthische Ernährung: Welse verweilen oft am Gewässergrund, wo PCB-haltige Sedimente lagern.

Aktuelle Daten aus Europa:

- Bourget-See (Frankreich): Eine Studie von 2023 zeigt, dass Welse ab 168 cm Länge den EU-Grenzwert von 125 ng/g PCB überschreiten können (Foucher et al., 2023).
- Rhein und Donau: In Industriegebieten wie dem Rhein-Main-Delta wurden bei Welsen PCB-Werte von bis zu 300 ng/g gemessen (EEA, 2021).
- Baltischer Raum: An der Ostsee, einem historischen PCB-Hotspot, liegen die Werte bei Welsen sogar noch höher (HELCOM, 2022).

Fischröße entscheidet:

- Bei Welsen steigt die PCB-Konzentration exponentiell mit der Körpergröße.
- Faustregel: Pro 10 cm Länge erhöht sich die Belastung um 15–20 % (Studie im Genfer See, 2020).

Risiken für Angler – Was Sie beachten müssen

Verzehrwarnungen in Europa:

- Deutschland: Das Umweltbundesamt rät vom Verzehr von Welsen über 1 Meter aus dem Rhein, der Elbe und der Donau ab.
- Frankreich: Im Rhône-Becken gilt seit 2022 eine Fangbegrenzung für Welse >150 cm.
- EU-Verordnung (1259/2011): Der Grenzwert für PCB in Fisch liegt bei 125 ng/g (Summe aus 6 PCB-Kongenieren).

Praktische Tipps für Angler:

  1. Catch & Release: Große Welse (>150 cm) sollten zurückgesetzt werden – sie sind ökologisch wertvoll und bei dem Verzehr gesundheitlich riskant.
    2. Gewässercheck: Vor dem Angeln regionale PCB-Warnungen prüfen – z. B. über die LAWA-Karte (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser).
Europäischer Wels - Silurus Glanis mit PCB belastet

Die Rolle des Welses im Ökosystem

Ökologische Bedeutung:

- Der Wels reguliert Fischpopulationen und hält invasive Arten wie Schwarzmeergrundeln in Schach.
- Als „Gesundheitspolizei“ frisst er auch Aas und kranke Fische und verhindert somit die Ausbreitung von Krankheiten.

Warum der Wels nicht verteufelt werden sollte:

- Kein „Schädling“: Der Wels ist ein natürlicher Teil europäischer Gewässer – seine Ausbreitung ist oft Folge von menschlichen Eingriffen (z. B. Kanalbau).
- Schutzstatus: In einigen Ländern steht der Wels auf der Roten Liste bedrohter Arten.

Lösungsansätze – Wie wir PCB eindämmen können

1. Sedimentsanierung:

- Umschichtung: PCB-haltige Sedimente werden mit sauberem Material überdeckt (erfolgreich im Zürichsee durchgeführt).
- Bakterielle Abbauversuche: Pilotprojekte nutzen PCB-abbauende Bakterien (z. B. Dehalococcoides).

2. Fischereimanagement:

- Größenlimits: Fangverbote für große Welse in belasteten Gewässern.
- Monitoring: Regelmäßige PCB-Tests in kommerziell genutzten Fischbeständen.

3. Verbraucheraufklärung:

- Apps wie „FishGuard“ (entwickelt vom WWF) warnen Angler in Echtzeit vor belasteten Gewässern.

Zusammenfassung

- PCB sind ein verstecktes Erbe der Industrie – der Wels fungiert als Bioindikator für diese Belastung.
- Größe und Herkunft entscheiden über das Risiko: Den Verzerr von Welsen aus Industrieregionen meiden!
- Angler als Botschafter: Durch verantwortungsvolles Handeln können wir die Art schützen und Gesundheitsrisiken minimieren.

Letzter Appell:

Der Wels ist kein „Problemfisch“, sondern ein Opfer menschlicher Umweltsünden. Indem wir seine PCB-Belastung ernst nehmen, schützen wir nicht nur uns selbst, sondern auch die faszinierende Biodiversität unserer Gewässer.

Verfasst von Vitali Dalke

Quellen:

1. Studie im Bourget-See: Foucher, V. et al. (2023). Science of The Total Environment.
2. EU-Verordnung 1259/2011: Grenzwerte für PCB in Lebensmitteln.
3. Umweltbundesamt (2023): Leitfaden zu PCB in Binnengewässern.
4. HELCOM (2022): Baltic Sea PCB Monitoring Report.
5. WWF FishGuard-App: Echtzeit-Warnungen für Angler.

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